Im Jahr 2020 hat Christiane Lehmann mit unseren BewohnerInnen gesprochen und sie gefragt, wofür sie in ihrem Leben dankbar sind. Hier sehen Sie, was dabei herauskam!
In unserer virtuellen Ausstellung finden Sie zunächst ein Video zur Einführung. Dann folgt die Möglichkeit, die Ausstellung anzuhören. Wenn Sie weiter nach unten scrollen, können Sie sich die Fotos und Text anschauen und selbst lesen. Am Ende der Seite finden Sie mehr Hintergrundinfos zur Aktion und eine Anregung zum Nachmachen.
Kann man eine gute Seele auf den ersten Blick erkennen?
Elfriede Lutz sitzt am Mittagstisch und alle warten darauf, dass sie das Tischgebet spricht. Sie faltet die Hände und strahlend beginnt sie Gott für die guten Gaben zu danken. Nach dem Amen singt sie noch voller Inbrunst eine Strophe des Gebets - eine Zugabe tief aus ihrem Inneren. Es ist ihre gute Beziehung zum „lieben Gott“, wie sie sagt, die sie ihr Leben lang stark und zufrieden hat sein lassen. Die Gabe, aus dem Herzen heraus mit viel Empathie Menschen zu begegnen, nennt sie ihr großes Glück. Dafür dankt sie dem Himmel. Gebete geben ihr Sicherheit, Mut und Kraft. Ihr Leben lang widmete sie sich den Kindern. Als Erzieherin und Kindergartenleiterin in Buttenheim hat sie ihre Werte tausendfach weitergegeben. Gemaßregelt wurde bei ihr nicht. Sie suchte stets das Gespräch. „Ich habe viel Anerkennung zurück bekommen - von den Kindern und den Eltern. Geschenke wollte ich nie haben. Ein Lächeln und ein Dankeschön haben mir immer gereicht.“ Die 73-Jährige sprüht vor Begeisterung, wenn sie von ihrem Beruf spricht. „Den schönsten, den es gibt!“, sagt sie voller Dankbarkeit.
Er war sechs Jahre alt, als die Scharlach-Epedemie ausbrach. Helmut erkrankte schwer. Da es keine Medizin gab, verschlechterte sich sein Zustand. Eine Nierenentzündung kam hinzu. Er erinnert sich noch gut, dass er zusammen mit seiner Mutter im Krankenhaus, einem ehemaligen KZ-Außenlager, hinter vergitterten Fenstern im Bett lag und versalzenes „Bayrisch‘ Kraut“ essen musste - alles andere als gut für die Nieren. Seine Mutter entschied, ihn daheim gesund zu pflegen. Sein Hausarzt verordnete, dass er zunächst nichts mehr trinken durfte. Dieser ungestillte Durst ist dem 83-Jährigen heute noch präsent. Aber eben auch der Teelöffel, mit dem Birnensaft aus den Einmachgläsern im Keller, den ihm seine Mutter täglich verabreichte. Bis er schließlich wieder gesund geworden ist und zu einem stattlichen Mann heranwuchs. „Meine Mutter hat alles für ihr Bubala gemacht“, erzählt er mit großer Dankbarkeit in der Stimme. Sie sei „unheimlich gut“ zu ihm gewesen. Helmut Sammet weiß, dass er ihr Lieblingsmensch war. Sie hat es ihn spüren lassen. Zeitlebens.
Maria Dormann ist eine Schwärmerin. Mit leuchtenden Augen erzählt sie von ihrer Kindheit, die sie im Kreis einer großen Familie verbringen durfte. „Das war herrlich“, erinnert sie sich voller Dankbarkeit. Denn selbstverständlich war das nicht. Ihre Mutter starb, als sie zehn Jahre alt war. Ihr Onkel nahm sie auf und lehrte ihr Disziplin und Ordnung. Werte, die die 83-Jährige noch heute zu schätzen weiß. Denn der Onkel hatte auch ein großes Herz. Er war streng, aber sanftmütig. Und vor allem war er ein Mann der Tat. Als die kleine Maria bei einem Unfall ihre Fingerkuppe verlor, sammelte er diese ein, setzte Maria auf sein Sachs-Motorrad und fuhr mit ihr ins kilometerweit entfernte Krankenhaus, wo die Kuppe wieder angenäht wurde. Stolz zeigt die alte Dame ihre Hand. „Dafür bin ich ihm noch heute dankbar!“
Es ist eine kleine Begebenheit, die Maria Christina Reiher spontan zum Thema Dankbarkeit einfällt. Doch für die 76-Jährige sind es eben auch die kleinen Dinge, die ihren Alltag so bereichern: Sie lag wegen einer Hüftoperation wochenlang im Klinikum, konnte sich kaum bewegen, ihre Muskeln hatten sich abgebaut. „Und das Schlimmste, ich konnte wochenlang meine Haare nicht waschen!“ Da kam eine junge, ausländische Schwester mit einem mobilen Waschbecken ins Zimmer. „Es war eine Wohltat, wie sie mir die Haare wusch, den Kopf nach hinten gelehnt“, erinnert sich Maria Reiher. „Allein schon, dass sie die Idee hatte und meine Not gesehen hat, hat mich froh gemacht“, sagt sie. Das Gute zu erkennen und zu sehen, was einem alles geschenkt wird, das bringe große Zufriedenheit und Glück ins Leben. Ob die Freundlichkeit der ausländischen Arbeitskräfte, ihre Freundin Elli, die sie seit 73 Jahren so nennt, oder die Tatsache, dass sie nach vielen schweren Krankheiten immer wieder gesund geworden ist, zaubern ihr ein Lächeln ins Gesicht. Ein kleines Ritual möchte sie uns noch mit auf den Weg geben:„Stecke fünf Dominosteine am Morgen in deine linke Hosentasche. Und immer, wenn du für etwas dankbar bist, nimm einen und stecke ihn in die rechte Seite. Am Ende des Tages wirst du überrascht sein!“
Hedwig Pelzel hat sich gemütlich eingerichtet. Es sind die kleinen Erinnerungen, die sie ehrt und an denen sie sich noch erfreut. Jene kleinen Dinge, die ihr Leben bereichert haben - weil sie ihr eine große Freude sind. Das orangefarbene, selbst gehäkelte Täschchen für ihre Taschentücher oder das Bild, auf dem sie in ihrem ersten selbst genähten Kleid am Weihnachtsbaum steht. Handarbeiten sind nicht nur zeitlebens ihre Leidenschaft gewesen, sie hat das Schneidern auch zu ihrem Beruf gemacht. „Die Zeit, in der ich selbstständig war, war ganz wunderbar“, sagt sie voller Dankbarkeit. Dass sie heute mit ihren 88 Jahren noch so gesund ist und sich selbst versorgen kann - dafür ist sie sehr dankbar. „Das Höchste ist, dass ich geistig noch zu gebrauchen bin“, sagt sie lachend und nimmt ihre Häkelnadel. Mit dem passenden Lamee-Garn soll das silberne Sternendeckchen bis Weihnachten fertig werden.
Dankbarkeit ist ein Wert, der gerade in einer schnelllebigen Welt leider viel zu kurz kommt. Das Zentrum für Senioren der Sozialstiftung Bamberg hat sich in diesem Jahr 2020 auf besondere Weise mit dem Thema „Dankbarkeit“ auseinandergesetzt. Beim Lesen und Betrachten der Wanderausstellung bekommen Sie einen Einblick, wie sich Dankbarkeit in unterschiedlichster Form im Leben von Menschen zeigen kann. Kleine und große Schätze, die berühren und zeigen, welche Auswirkungen gelebte Dankbarkeit bis ins hohe Alter haben kann.
Neben den hier ausgestellten „dankbaren Episoden“ aus dem Leben von Bewohnern des Zentrums für Senioren fanden weitere Aktionen zu diesem Thema statt. Ein Beispiel dafür ist das Mitarbeiter-Dankeschön: Es gab Raum dafür, dass Mitarbeiter ihren Kollegen für deren besondere und individuelle Art in ihrem Arbeitsumfeld Danke sagen konnten. Zu Lesen war das auf einer monatlich neu gestalteten Stellwand im Eingangsbereich des Zentrums für Senioren. Um den Mitarbeiter mit allen Sinnen wahrzunehmen, konnte man dessen Lieblingsduft, Lieblingsfarbe und die Lieblingssüßigkeit kennen lernen. Dankbarkeit kennt keine Sprachbarriere: „Dankbarkeit“ spiegelte sich in visualisierten Botschaften, in allen Sprachen und in allen Bereichen in der Einrichtung wider.
Hat Ihnen heute schon jemand gedankt? Haben Sie heute schon zu jemandem Danke gesagt?
Wenn wir uns bei jemanden bedanken, dann weil wir Wertschätzung empfinden. Wir wollen unserem Gegenüber zeigen, dass wir ihm dankbar sind für etwas. Manchmal sind es große Taten, manchmal sind es Kleinigkeiten, die unser Leben einfacher machen oder es dadurch verschönern. In der Hektik des Alltags vergessen wir leider manchmal, wie wichtig ein so kleines Wort ist, und welche positive Auswirkung es mit sich bringen kann.
Dankbar übernehmen wir die Idee einer Bewohnerin, um das Gefühl der Dankbarkeit greifbar zu machen:
"Stecke am Morgen fünf Dominosteine in deine linke Hosentasche. Und immer wenn Du für etwas dankbar bist, nimm einen und stecke ihn in die rechte Seite. Am Ende des Tages wirst Du überrascht sein."