Jeden Tag vollbringt unser Gehirn unglaubliche Leistungen. Bevor wir mit Hilfe unserer Muskeln eine Bewegung ausführen können, filtert, vergleicht und interpretiert es permanent die vielfältigsten Informationen. In Sekundenbruchteilen verarbeitet es sowohl Informationen aus der Umgebung als auch sämtliche Veränderungen unseres Körpers und alle Eindrücke unserer Sinnesorgane.
Unser Gehirn ist ein hochkomplexer Verbund aus vielen Milliarden Nervenzellen – verbunden durch ein Vielfaches an Kontaktstellen, den sogenannten Synapsen. Damit sinnvolle Handlungen, Gefühle und Kreativität entstehen können, benötigt unser Gehirn reichlich Energie, die es über im Blut gelösten Zucker und Sauerstoff erhält. Bei Störungen dieser Energiezufuhr kann es schnell zu neurologischen Ausfallserscheinungen kommen. Typische Folgen sind dann halbseitige Lähmungen, Seh- oder Sprachstörungen und Gangunsicherheit, wie sie z. B. akut bei einem Schlaganfall auftreten.
Ähnliche Symptome können aber auch durch Gehirn-Tumore oder chronische Entzündungen wie der multiplen Sklerose (MS) auftreten. Degenerative Erkrankungen des Gehirns wie die Parkinson-Krankheit oder Alzheimer Demenz können durch Störungen bestimmter Nervenzellgruppen entstehen. Bei Reizungen von Nervenzellen kann es zu epileptischen Anfällen oder Schmerzen kommen. Durch die enormen Fortschritte in der neurologischen Forschung wissen wir heute sehr viel über die Ursachen von Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarks, der Nerven und Muskeln. In der Neurologischen Klinik können wir unseren Patienten daher ein breit gefächertes Spektrum an erprobten Therapien anbieten.
In der Neurologischen Klinik diagnostizieren und behandeln wir Erkrankungen des Gehirns und des Rückenmarks mit seinen Umgebungsstrukturen sowie Schädigungen von Nerven und Muskeln. Schlaganfall, Parkinson, Epilepsie, Hirntumoren und Multiple Sklerose (MS) gehören zu den häufigsten Krankheiten.
Auch die diagnostische Abklärung von Schwindel, Gefühlsstörungen sowie akuter und chronischer Schmerzzustände ist Teil unserer täglichen Aufgaben. Zudem führen wir die Diagnostik bei Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen durch.
In unserer neurologischen Diagnostik- und Funktionsabteilung führen wir Ultraschalluntersuchungen der hirnversorgenden Gefäße und des Hirngewebes durch.Unsere modernen Geräte erlauben uns direkte Flussgeschwindigkeitsmessungen und Analysen der Strömungsart, die beispielsweise durch Engstellen verändert sein können. Diese Engstellen können – genauso wie Verschlüsse – mit hoher Sicherheit diagnostiziert werden. Exzellent darstellbar sind auch die im Halsbereich gelegenen großen hirnversorgenden Arterien. Bei Beschallung durch den Schädelknochen können – mit etwas schlechterer Auflösung – die großen hirneigenen Gefäße dargestellt und direkt untersucht werden.
Im so genannten B-Bild ist es möglich, Gefäße und Weichteile direkt zweidimensional zu betrachten und Gefäßwände und Gewebeveränderungen zu beurteilen. Hierbei ist auch eine Beschallung durch den Schädelknochen durchführbar: So können Hirngewebe und größere Gefäße im Schädel untersucht und z. B. Gefäßmissbildungen und Veränderungen der Hirnkammern erkannt werden.
In manchen Fällen ist es nötig, die Reaktionsfähigkeit der hirneigenen Gefäße auf Veränderungen des Kohlen-Dioxidgehaltes im Blut zu messen. Diese Reaktionsfähigkeit kann insbesondere bei einer fehlenden Durchblutungsreserve krankhaft verändert sein. Bei schwierigen Untersuchungsbedingungen bzw. zur Aufdeckung ungewöhnlicher Gefäßkurzschlüsse wenden wir zudem intravenös gegebene Ultraschall-Signalverstärker an. Dadurch können weitere Erkenntnisse bzgl. der Blutversorgung des Gehirnes gewonnen werden. Auch Nerven im Verlauf von Armen und Beinen sowie Muskeln können gut mit hochauflösenden Ultraschallsonden sichtbar gemacht und auf Veränderungen untersucht werden. Ultraschallmethoden sind schmerzfrei, ohne bekannte Nebenwirkungen und patientenschonend. Sie können somit beliebig oft angewendet werden.
Bei Nervenerkrankungen außerhalb des Gehirns und des Rückenmarkes ist es möglich, diese peripheren Nerven und die „Steuerung“ der Muskeln gezielt zu untersuchen. Über die Elektroneurographie (ENG) können Nervenleitgeschwindigkeiten im Bereich von Armen und Beinen sowie teilweise auch im Gesicht gemessen werden. Bei der Elektromyographie (EMG) werden die elektrischen Abläufe im Skelettmuskel mittels feiner Nadelelektroden aufgezeichnet und analysiert. In Verbindung mit dem körperlichen Befund und weiteren Untersuchungsbefunden ist es dem Arzt möglich, den Funktionszustand des Muskel- und peripheren Nervensystems zu bewerten.
ENG und EMG sind beispielsweise bei Schäden von Nervenwurzeln infolge einer Bandscheibenerkrankung oder bei Verletzungen von Nerven infolge Unfalls sehr hilfreich. Auch bei Stoffwechselerkrankungen, die zu einer Schädigung des peripheren Nervensystems führen können (z. B. bei der Zuckerkrankheit), empfehlen sich diese Untersuchungsformen.
In unserer Abteilung führen wir zudem spezielle Funktionsmessungen durch, wie z. B. die Untersuchung der motorischen Endplatte, dem Ort der Nerv-Muskel-Übertragung. Die Untersuchung erfolgt u. a. bei einem Verdacht auf Muskelschwäche (Myasthenie). Im Rahmen der Routine-Diagnostik wenden wir zunehmend auch elektrophysiologische Untersuchungen von bestimmten Reflexbögen im Bereich von Hirn- oder Extremitäten-Nerven an.
Elektrische Spannungsunterschiede – sogenannte Potenziale – lassen sich mittels Elektroden über Nerven- und Muskelzellen ableiten. Als „evozierte“ (hervorgerufene) Potenziale bezeichnet man Spannungsunterschiede, die erst nach einer äußeren Anregung oder Reizung auftreten. Durch häufige Wiederholung der Reizdurchläufe kann man eine von zufälligen Veränderungen und Störungen bereinigte Kurve erreichen. Dabei misst man die Höhe (Amplitude) und die als Latenz bezeichnete Zeit zwischen dem Reiz und dem Auftreten der Antwortpotenziale.
Beispielsweise sind nach Reizung des Auges mit einem wechselnden Schachbrettmuster Visuell Evozierte Potenziale (VEP) ableitbar und auf einem Fernsehmonitor sichtbar. Bei Reizung des Ohres mit einem Klickton über einen Kopfhörer sind Akustisch Evozierte Potentiale (AEP) ableitbar. Werden Nerven an den Extremitäten direkt elektrisch gereizt, lassen sich Somatosensibel Evozierte Potenziale (SSEP) ableiten.
Durch kurz andauernde, kräftige Magnetimpulse ist es möglich, Gehirnanteile und Nerven zu stimulieren, die für Bewegungen zuständig sind. Die Zeit des Auftretens und die Amplitude der resultierenden Muskelzuckung wird gemessen und als Magnetisch Evoziertes Potenzial (MEP) dokumentiert.
Evozierte Potenziale dienen zur Funktionsbeurteilung der jeweils untersuchten Nerven und Nervenbahnen. Dabei zeigen sich vor allem bei Entzündungen (VEP bei Multipler Sklerose), Durchblutungsstörungen und mechanischen Schädigungen des Nervensystems Potenzial-Veränderungen.
Über die Elektro-Nystagmographie und die Elektro-Okulographie lassen sich Augenbewegungen ohne Belastung für die Patienten messen und aufzeichnen. Beurteilt werden glatte Blickfolge, Blicksprünge sowie das Vorliegen von spontanem oder ausgelöstem Augenzittern (Nystagmus).
Diese Untersuchungen finden insbesondere zur Abklärung von Schwindel Anwendung. Dabei werden die Funktionen von Anteilen des Gleichgewichtsorganes im Innenohr, des Gleichgewichtsnervs und die der beteiligten Anteile von Hirnstamm und Kleinhirn beurteilt.
Die EEG-Untersuchung dient der Darstellung der Hirnströme. Dabei werden mehrere (meist 24) Elektroden mit einer Haube auf der Kopfhaut fixiert. Diese registrieren die schwache elektrische Aktivität des Gehirns durch den Schädelknochen hindurch. Die Untersuchungsperson sitzt dabei entspannt in einem Sessel und wird gelegentlich aufgefordert, die Augen zu öffnen oder zu schließen. Die Untersuchung ist weder schmerzhaft noch gefährlich und dauert nach dem Setzen der Haube etwa 20 Minuten. Die Auswertung dieser Hirnstromkurven erlaubt Rückschlüsse auf eine Epilepsie-Veranlagung bzw. -Erkrankung oder auf andere Gehirn-Erkrankungen (z. B. Tumoren, Entzündungen oder Durchblutungsstörungen).
Bei gesunden Menschen zeigen die Hirnströme regelmäßige Schwankungen, die sich in Form verschiedener Wellentypen in Abhängigkeit von der Frequenz darstellen. Bei Patienten mit Epilepsie zeigen sich zusätzlich unregelmäßige Strukturen, z. B. Spitzen oder Zacken. Diese unregelmäßigen Strukturen sind Ausdruck einer veränderten Gehirn-Aktivität. Insbesondere während eines epileptischen Anfalls sind diese Veränderungen deutlich ausgeprägt.
EEG unter bestimmten Voraussetzungen
Nicht bei allen Patienten, bei denen ein Epilepsie-Verdacht besteht, sind außerhalb der Anfälle Veränderungen der Hirnstromkurven festzustellen. In diesem Fall können verschiedene Provokationsmethoden zum Einsatz kommen. Darunter versteht man die Ableitung der Hirnströme, während der Patient bestimmten Reizen ausgesetzt ist. Beim Hyperventilationsreiz wird der Patient aufgefordert, für etwa drei bis fünf Minuten tief und schnell zu atmen, also zu hyperventilieren. Im EEG eines Gesunden zeigen sich dabei vermehrt langsame Wellen, die jedoch eine Minute nach Beendigung der Hyperventilation nicht mehr nachweisbar sind. Bei Epilepsie-Patienten lassen sich hingegen häufig Krankheitshinweise, wie z. B. EEG-Zacken oder Seitenunterschiede, nachweisen.
Beim Lichtreiz wird der Patient während der EEG-Ableitung einem Flickerlicht ausgesetzt. Dieses weist zunächst eine langsame Frequenz von einem Lichtsignal pro Sekunde auf, steigert aber auf Frequenzen von bis zu 33 Signalen pro Sekunde. Bei Gesunden lassen sich parallel zu den einzelnen Lichtblitzen Verstärkungen der Hirnstromsignale nachweisen. Bei Epilepsie-Patienten können hingegen krankheitsbedingte Veränderungen der Hirnstromkurven sichtbar werden, z. B. Spitzen und Zacken. Auch ein bewusst eingesetzter Schlafentzug kann bei Epilepsie-Patienten dazu führen, dass krankheitsbedingte Besonderheiten der Hirnströme sichtbar werden.
In manchen Fällen kann es besonders hilfreich sein, während eines epileptischen Anfalls ein EEG abzuleiten und parallel eine Videoaufnahme anzufertigen. Auf diese Weise lassen sich Bewegungen, Muskelzuckungen, Haltungsveränderungen oder auch ein Bewusstseinsverlust in Beziehung zu den zum jeweiligen Zeitpunkt stattfindenden Veränderungen der Hirnströme setzen.
Eine weitere Möglichkeit bietet die Registrierung über ein Langzeit-EEG. Dabei werden die Hirnströme über einen Zeitraum von vier bis 24 Stunden erfasst und aufgezeichnet. Diese Langzeitaufzeichnung erhöht die Chance, ein EEG während eines epileptischen Anfalls registrieren zu können.
Im Rahmen verschiedener Erkrankungen, wie z. B. Multiple Sklerose, Schlaganfall oder Hirnverletzungen, kann es zu einer dauerhaften schmerzhaften Muskelsteifigkeit (Spastik) kommen. Dabei reicht eine medikamentöse Behandlung häufig nicht mehr aus. In diesen Fällen kann eine Pumpe unter die Haut implantiert werden, die dann ständig ein muskelentspannendes Arzneimittel an die Rückenmarkflüssigkeit abgibt.
In Kooperation mit der neurochirurgischen Klinik kümmern wir uns sowohl um das Einsetzen solcher Pumpen als auch um zuverlässige Weiterbetreuung und Nachbefüllung der Pumpen mit Medikamenten für die Patienten.
Die Neurologische Klinik bietet mit der transkraniellen Magnetstimulation eine hervorragende Möglichkeit zur Behandlung von seelischen Erkrankungen, insbesondere von Depressionen, chronischen Schmerzen und zur Rehabilitation von Funktionsstörungen des Gehirns.
Die transkranielle Magnetstimulation (TMS) ist ein Verfahren, mit dem die Funktion des Nervensystems beeinflusst werden kann, indem elektromagnetische Felder eingesetzt werden. Durch eine kernspintomografisch gesteuerte Navigationsfunktion kann eine exakte Behandlung der wichtigen Gehirnanteile erfolgen. TMS ist schmerzlos und mit nur seltenen und harmlosen Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und Schwindel verbunden.
Die TMS-Behandlung erfolgt abhängig von der Diagnose ein- bis fünfmal pro Woche und dauert je circa 20 Minuten.
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