Das Akustiskusneurinom ist ein Tumor im Bereich des Kleinhirnbrückenwinkels. In diesem Bereich zwischen Hirnstamm, Kleinhirn und Felsenbein, herrschen sehr beengte anatomische Verhältnisse. Zudem befinden sich in sehr enger Nachbarschaft zehn der zwölf Hirnnerven.
Aus diesem Grund stellen Tumoren in dieser Region eine neurochirurgische Herausforderung dar. Unsere Chirurgen verfügen jedoch über eine langjährige operative Erfahrung und Expertise im Bereich der Schädelbasischirurgie. Durch modernstes Instrumentarium sind Operationen fast ausnahmslos minimalinvasiv über sehr kleine und schonende Zugänge möglich.
Durch die langsame Größenzunahme des Akustikusneurinoms und sein verdrängendes Wachstum kommt es oft erst sehr spät zu einer klinischen Symptomatik. Durch die Lage des Tumors ist meist zuerst der Hörnerv betroffen, sodass Betroffene Hörstürze, einseitige Hörverschlechterung, Tinnitus und progredienter Schwindel bemerken können.
Bei einem weiteren Wachstum des Tumors werden auch die benachbarten Hirnnerven des Kleinhirnbrückenwinkels bedrängt. Es kommt zu Sensibilitätsstörung (Hypästhesien) im Gesichtsbereich, Gesichtslähmung (Fazialisparesen) und Schluckstörungen. Große Tumore können aber auch bis an den Hirnstamm heranreichen oder diesen sogar bedrängen, was zu einer raschen Verschlechterung mit weitreichender neurologischer Symptomatik und zu einer lebensbedrohlichen Situation führen kann.
Nach einer eingehenden Anamnese erfolgen eine gründliche neurologische Untersuchung und apparative Diagnostik. Eine HNO-ärztliche Untersuchung mit Audiogramm, Sprachdiskrimination sowie elektrophysiologischen Untersuchungen lassen eine Einschätzung der Funktionsbeeinträchtigung des 8. Hirnnervs (Nervus vestibulocochlearis) zu.
Neben einem hochauflösenden MRT des betroffenen Bereichs wird zur Planung einer Operation und zur Einschätzung der knöchernen Verhältnisse ein dünnschichtiges CT der Schädelbasis und des Felsenbeins durchgeführt.
Die Organisation aller notwendigen Untersuchungen und die anschließende ausführliche Beratung des Patienten und seiner Angehörigen über alle zur Verfügung stehenden therapeutischen Optionen erfolgt in unserer interdisziplinären Schädelbasissprechstunde und im Rahmen des Bamberger Hirntumorzentrums.
Abhängig von der Größe des Akustikusneurinoms, der Wachstumsgeschwindigkeit des Tumors, der Symptomatik sowie des Alters des Patienten ist nicht immer eine Operation notwendig. Bei der Erstdiagnose von kleinen Tumoren können abhängig von der Symptomatik des Patienten zunächst regelmäßige klinische Verlaufskontrollen mit HNO-ärztlichen Untersuchungen und regelmäßige MRT-Kontrollen empfohlen werden. Bei großen Tumoren und deutlichen Beeinträchtigungen durch den Tumor ist jedoch eine operative Entfernung des Tumors meist die bevorzugte Behandlungsmethode.
In unserer Klinik erfolgt die Operation über einen innenohrerhaltenden, minimalinvasiven Zugang durch die Hinterhauptsschuppe (retromastoidaler Zugang). Hierbei ist durch die Verwendung modernster Instrumente auch bei großen Tumoren lediglich eine minimale Rasur der Haare hinter dem Ohr und eine Eröffnung des Schädels über ca. 2,5 cm notwendig. Hierüber ist ein Zugang zwischen Kleinhirn und Felsenbein zum Tumor möglich, gleichzeitig können alle benachbarten Strukturen dargestellt und geschont werden. Unter dem Operationsmikroskop wird der innere Gehörgang eröffnet und so können auch tief im Gehörgang liegende Tumoranteile entfernt werden. Durch diese Methode ist bei fast allen Patienten eine vollständige Tumorentfernung möglich.
Wie bei allen Operationen in unserer Klinik für Neurochirurgie erfolgt der Eingriff unter kontinuierlichem elektrophysiologischem Monitoring, um die größtmögliche Schonung der Nervenfunktionen zu gewährleisten und die Risiken der Operation zu minimieren.
Durch die schonende Operationstechnik kann der Eingriff auch älteren Patienten mit ausgeprägter Schwindelsymptomatik empfohlen werden, die sich unter einer hochdosierte Präzisionsbestrahlung häufig nur unzureichend bessert. Bei jüngeren Patienten empfehlen wir die frühzeitige Operation, denn trotz des normalerweise langsamen Tumorwachstums gibt es Einzelfälle, in denen der Tumor innerhalb von wenigen Monaten deutlich wächst.
Aufgrund des meist langsamen Wachstums des Akustikusneurinoms ist eine klassische Bestrahlungstherapie oft wenig effektiv. Daher wird häufig eine hochdosierte Präzisionsbestrahlung wie zum Beispiel die GammaKnife- oder CyberKnife-Bestrahlung (Radiochirurgie) eingesetzt. Ziel dieser Hochpräzisionsbestrahlung ist der Stopp des Wachstums des Tumors.